Haiti: Tag 3 – Kinder mit Behinderung

Logo von j'ime Haiti Auch wenn ich bisher nicht zu viel von Haiti gesehen habe haben sich doch einige Eindrücke gesammelt. Haiti ist entsprechend dem Index der Menschenlichen Entwicklung der UN an der 158. Stelle von 187 Ländern. Sowohl Bildungs-, Wirtschafts- oder Gesundheitsindikatoren befinden sich in den unteren Bereichen im Vergleich zur Region Lateinamerika/Karibik und Welt. Haiti ist jung. Kinder sind an allen Ecken und Enden zu sehen. Wenig überraschend sind wenig Kinder mit Behinderung zu sehen.
In Gesprächen mit einigen Leuten hier vor Ort tauchten einige Sachen häufiger auf:

  • Es gibt keine zuverlässigen Zahlen oder grundlegende Erhebungen, wie viele Kinder eine Behinderung haben. Einige Organisationen haben eigene Daten, die keineswegs repräsentativ sind. Dies wird durch die Tabuisierung von Behinderung noch verstärkt.
  • Behinderungen von Kindern entshetehn oft durch vorgeburtliche Ursachen oder während der Geburt. Vor der Geburt ist eine Ursache eine misslungene Abtreibung, die hier meist mit Medikamenten durchgeführt wird. Während der Geburt ist der wesentliche Grund die schlechte medizinische Versorgung im Falle von Komplikationen.
  • Die Beziehung zwischen Kindern mit Behinderung und Müttern ist oft gestört. Mütter können keine Verbindung zu den Kindern aufbauen und behandeln sie oft nicht wie andere Kinder. Die Folgen können ein distanzierter Umgang, Vernachlässigung oder Unter-/bzw. Mangelernährung sein. Mir wurde gesagt, dass Kinder mit Behinderung nicht richtig gefüttert werden. Oft hängt der Kopf runter, ist überstreckt und macht für das Kind das Schlucken sehr schwer. In anderen Fällen erhalten die Kinder mit Behinderung während des ersten Jahres nur Milch oder Saft mit dem Argument, “dass sie nicht essen können”.
  • Die Unterstützung von Müttern vor, während oder nach der geburt ist marginal. Im Gespräch mit einer Hebamme kamen diese Punkte raus. Behinderung wird hier meist nicht angesprochen.
  • Die während des Erdebebens geborenen Kinder werden oft Tremblin genannt. Dieses Wort leitet sich vom Französischen Ausdruck für Erdbeben (tremblement de terre) ab. Dies ist wohl eine nicht unerhebliche Menge von Kindern.

Diese Details ergeben ein Bild, dass im Bereich Behinderung fehlende psycho-soziale Unterstützungsmechanismen (z.B. für junge Mütter) und eine weitgehende Tabuisierung von Behinderung (z.B. durch eine extrem negativ aufgeladene Meinung über Menschen mit Behinderung) zusammen spielen und durch die desolate Situation im Land verstärkt werden.


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